Wer heute (20.6.2022) im Internet Zeitung liest, stösst auf eine Anzeige des BMWK: „Danke, dass Ihr Eure Klimaanlage 2° C höher dreht“.
Darauf haben wir schon lange gewartet: Alle Kanäle und Plakatwände sind voll mit Werbung. Werbung für Autos, Werbung für Billigklamotten, Werbung für Gartenpools. Werbung für Konsum und immer mehr Konsum. Erstaunlicherweise wird selten thematisiert, wie groß der Widerspruch ist zwischen der Kommunikation im öffentlichen Raum und unseren – richtig verstandenen – gesellschaftlichen Bedürfnissen. Ein Verbot von Werbung für CO2 intensive Produkte analog des Verbots der Zigarettenwerbung wird denn auch nicht einmal ansatzweise öffenlich diskutiert. Schliesslich sind es ja dieselben Medien, die diese Diskussionsbeiträge bringen müssten, die auch von den Werbemillionen der Industrie leben, welche die CO2 intensiven Produkte produziert.
Aber kann man nicht wenigstens einen Gang tiefer schalten? Einwirken auf die Beamten und Angestellten, die wir mit unserem Steuergeld finanzieren, ein klein wenig mehr über den Aktendeckel zu schauen? Öffentliche Werbung für umweltfreudliches Verhalten statt mutloses hin- und herlavieren wenn das Benzin tatsächlich mal teurer wird? Das macht die heutige Anzeige. BMWK steht für „Bundesministerium für Wirtschaft und Klima“. Die Anzeige wirbt für’s Energiesparen. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein Ministerium wirbt für ein weniger an Konsum und Bequemlichkeit. Kein „bitte bitte nehmt unser Geld und kauft oder baut Dinge, die potentiell in Zukunft weniger Energie verbrauchen“. Sondern einfach „Leute, spart Energie“. Und das mit einer richtig guten Werbekampagne. Kein „nach uns die Sintflut“ mehr. Ein mutiger Schritt einer Verwaltung. So kann es gehen.
Womit wir bei unserer Pforzheimer Stadtverwaltung wären. Die Stadtverwaltung, die immer noch Strassen plant, ohne den Radverkehr mit zu berücksichtigen. Die Stadtverwaltung, die sich bei jedem Parkplatz in die Hose macht, der einem Radweg weichen soll. Die Stadtverwaltung, die immer noch Geld verlangt für die Sondernutzung von Parkraum durch Carsharinganbieter, obwohl jedes Carsharing-Auto mindestens 5 Autos in Privatbesitz einspart. Die Stadtverwaltung, die stolz auf die Brötchentaste ist. Die Stadtverwaltung, deren Sachgebiet „Klimaschutz“ im Namen einer Klimapartnerschaft mit Tansania ihr Personal nach Afrika und wieder zurück fliegt. FLIEGT! IM NAMEN DES KLIMAS!!!
Offensichtlich ist hier Kommunikation erforderlich. Ansätze sind vorhanden. So hat die Stadtverwaltung zum Beispiel einen vier- bis fünfstelligen Betrag dafür ausgegeben, um ein Klimafolgenanpassungskonzept erarbeiten zu lassen, und dieses dem Gemeinderat zu präsentieren. Zitat aus der vorletzten Folie der Präsentation dieses Konzepts in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses vom 1. Juni 2022 unter der Überschrift „Weitere Maßnahmen für Pforzheim“:
- „Medienkampagne – Klimaanpassung in Pforzheim“
- Bewusstseinsbildung in der Verwaltung
Obige Beispiele legen nahe, dass der Verwaltung tatsächlich das Bewusstsein fehlen könnte. Der Forderung, dieses nunmehr zu bilden, schliessen wir uns an. Und wenn das Bewusstsein dann gebildet ist, kommt die Medienkampagne „Leute fahrt mehr Rad“ von ganz alleine:
- Ihr steht nicht im Stau, Ihr seid der Stau
- Mit dem Fahrrad wärt ihr schon am Ziel
- Hinter dem Lenkrad kann man nur schwer freundlich grüßen
- Ohne sichere Radwege traut Ihr Euch nicht auf’s Rad? Leute, fahrt mit bei der Critical Mass!